Tipps und Hinweise für alle Steuerzahler
Einkommensteuer: Wachstumschancengesetz in abgespeckter Fassung verabschiedet
Nach langem Tauziehen ist das Wachstumschancengesetz beschlossene Sache. Wir geben Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen im Bereich der Einkommensteuer:
- Degressive Abschreibung: Für neue Wohngebäude wurde eine degressive Abschreibung in Höhe von 5 % eingeführt. Diese kann genutzt werden, wenn der Baubeginn zwischen dem 01.10.2023 und dem 30.09.2029 liegt. Beim Erwerb einer Immobilie muss der Kaufvertrag zwischen dem 01.10.2023 und dem 30.09.2029 rechtswirksam geschlossen und die Immobilie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung erworben werden. Im ersten Jahr können 5 % der Investitionskosten steuerlich geltend gemacht werden und in den folgenden Jahren je 5 % des jeweiligen Restwerts. Die degressive Abschreibung ist nicht auf Dauer verpflichtend; ein Wechsel zur linearen Abschreibung ist möglich - etwa, um im Bedarfsfall außergewöhnliche Abnutzungen steuerlich geltend zu machen.
- Besteuerungsanteil von Renten: Rückwirkend ab 2023 steigt der Besteuerungsanteil für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang nur noch um 0,5 Prozentpunkte (bisher: 1,0 Prozentpunkte). Das bedeutet: Wer 2023 in Rente gegangen ist, muss nicht 83 %, sondern nur 82,5 % der Rente versteuern. Somit erhöht sich der Rentenfreibetrag auf 17,5 %. Für den Renteneintrittsjahrgang 2024 steigt der Besteuerungsanteil auf 83
%, für den Jahrgang 2025 auf 83,5 %, für den Jahrgang 2026 auf 84 % usw. Die 100 % werden 2058 erreicht - wer ab dann in Rente geht, muss seine komplette Rente versteuern. - Altersentlastungsbetrag: Wer neben Alterseinkünften weitere Einkünfte hat (z.B. Zinsen aus Kapitalerträgen, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung oder Arbeitslohn), profitiert steuerlich vom Altersentlastungsbetrag. Auch dafür wird der Anstieg des Besteuerungsanteils rückwirkend ab 2023 verlangsamt: Statt um 0,8 Prozentpunkte pro Renteneintrittsjahrgang erhöht sich der Besteuerungsanteil jährlich nur um 0,4 Prozentpunkte.
- Private Veräußerungsgeschäfte: Gewinne aus Privatverkäufen sind unter bestimmten Umständen steuerpflichtig. Rückwirkend zum 01.01.2024 ist die dabei geltende Freigrenze von 600 € auf 1.000 € gestiegen. Wer durch private Veräußerungsgeschäfte in einem Kalenderjahr einen Gewinn von weniger als 1.000 € erzielt, muss diesen nicht versteuern.
- Berufskraftfahrerpauschale: Zusätzlich zu den Verpflegungspauschalen können Berufskraftfahrer eine Pauschale für Übernachtungen in der Lkw-Schlafkabine ansetzen. Rückwirkend zum 01.01.2024 ist diese von 8 € auf 9 € pro Übernachtung gestiegen.
- Privatnutzung von Elektroautos: Wer als Arbeitnehmer ein dienstliches Elektroauto ohne CO2-Emissionen auch privat nutzen darf, muss effektiv nur 0,25 % des Bruttolistenpreises versteuern - statt 1,0 % bei Verbrennerautos. Bisher war das nur bei Fahrzeugen mit einem Bruttolistenpreis von höchstens 60.000 € möglich. Diese Grenze ist auf 70.000 € gestiegen und gilt für alle Elektrofirmenwagen, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden. Für Hybridfahrzeuge mit einer Mindestreichweite von 80 km gilt das Gleiche.
Auslandskonten: Übermittlung von Kontoständen an den deutschen Fiskus ist legitim
Die Finanzminister von 51 OECD-Partnerstaaten haben bereits 2014 ein multilaterales Abkommen über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen unterzeichnet. Dadurch soll die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung eingedämmt werden. Dieses Abkommen definiert den globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (sogenannter Common Reporting Standard, CRS).
Hinweis: Das Abkommen wurde durch das Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen in deutsches Recht umgesetzt.
Deutsche Finanzinstitute müssen demnach für jedes meldepflichtige Konto bestimmte Daten erheben und jährlich dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) übermitteln. Zu diesen Daten gehören der Name des Kontoinhabers, seine Kontonummern sowie seine Konten- und Depotsalden zum Jahresende. Das BZSt leitet die Daten bei entsprechendem Auslandsbezug an die CRS-Partnerstaaten weiter. Im Gegenzug erhält das BZSt von den Partnerstaaten die Daten zu ausländischen meldepflichtigen Konten, deren Inhaber in Deutschland ansässig sind.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Übermittlung von Kontoständen an das BZSt verfassungsgemäß ist. Geklagt hatten Eheleute aus Deutschland, die in der Schweiz ein Konto samt Depot geführt hatten. Die Schweizer Behörden hatten den Kontostand dem BZSt übermittelt, woraufhin die Eheleute beim Bundesfinanzministerium (vergeblich) die Löschung der Informationen beantragten. Sie sahen sich durch die Datenübermittlung in ihren Grundrechten verletzt.
Der BFH sah jedoch keinen Grundrechtsverstoß, weil die Eheleute nicht in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt seien. Durch die Datenübermittlung werde zwar in dieses Recht eingegriffen, dies diene aber dem verfassungslegitimen Zweck, die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung zu bekämpfen.
Nutzungsüberlassung: Gestreckte Versteuerung ist nur bei bestimmbarer Dauer möglich
Einnahmen, die für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus bezogen werden, dürfen gestreckt versteuert werden. Der Zahlungsempfänger kann das Entgelt entweder sofort im Jahr des Zuflusses voll versteuern oder aber gleichmäßig über den Vorauszahlungszeitraum verteilen. Die Steuerlast entsteht so erst schrittweise und zeitversetzt. Diese Regelung gilt beispielsweise für Entgelte, die ein Grundstückseigentümer für Erbbaurechte, Miet- und Pachtverhältnisse, Nießbrauch oder die Überlassung landwirtschaftlicher Flächen zwecks naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen erhält.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine gestreckte Versteuerung zwar nicht voraussetzt, dass zum Zeitpunkt der Vorauszahlung bereits die genaue Dauer der Nutzungsüberlassung vereinbart ist. Zumindest muss aber die Dauer der Nutzungsüberlassung bestimmbar sein, beispielsweise im Wege einer Schätzung.
Geklagt hatte ein Landeigentümer, der einer GmbH landwirtschaftliche Flächen zur Verfügung gestellt hatte, damit diese sogenannte Ökopunkte generieren konnte. Der Nutzungsvertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte frühestens nach Ablauf von 30 Jahren ordentlich gekündigt werden. Vor dem BFH begehrte der Eigentümer, die im Voraus bezogenen Vermietungsentgelte verteilt über einen Zeitraum von 20 Jahren versteuern zu dürfen. Das Finanzamt hingegen wollte die bezogenen Gelder direkt bei Erhalt (Zuflussprinzip) besteuern.
Der BFH hat die Verteilung der Zahlungen über eine Laufzeit von 20 Jahren mangels eines bestimmbaren Vorauszahlungszeitraums abgelehnt. Sollen Einnahmen gleichmäßig über einen Vorauszahlungszeitraum verteilt werden, muss ein solcher Zeitraum - zumindest per Schätzung - bestimmbar sein. Das war im Streitfall nicht möglich, weil objektive Anhaltspunkte fehlten, anhand derer sich ein Ende der Nutzungsüberlassung feststellen ließ. Aus dem vertraglich geregelten Mindestnutzungszeitraum von 30 Jahren ließ sich das voraussichtliche Ende nicht ableiten. Dass eine Kündigung nach Ablauf von 30 Jahren möglich ist, bedeutet nicht, dass auch gekündigt wird.
Hinweis: Wollen Vermieter die zeitlich gestreckte Versteuerung ihrer vorausgezahlten Mietentgelte erreichen, sollten sie bei entsprechenden Vertragsgestaltungen darauf achten, dass sich die Dauer der Nutzungsüberlassung aus den Vereinbarungen ableiten lässt.
Verbraucherdarlehensvertrag: Erhaltener Nutzungsersatz muss nicht versteuert werden
Gute Nachrichten für Kreditnehmer: Wenn sie einen Verbraucherdarlehensvertrag widerrufen, der von der Bank rückabgewickelt wird, unterliegt der von der Bank gezahlte Nutzungsersatz nicht der Einkommensteuer. Dies geht aus einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs hervor. Der Nutzungsersatz ist kein steuerbarer Kapitalertrag.
Tipps und Hinweise für Unternehmer
Wachstumschancengesetz: Welche umsatzsteuerlichen Änderungen jetzt gelten
Das Wachstumschancengesetz ist unter Dach und Fach. Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten umsatzsteuerlichen Neuerungen, die das Gesetz bringt:
- Verfahrenspfleger: Alle im Rahmen eines Betreuungs- und Unterbringungsverfahrens zur Unterstützung einer hilfsbedürftigen Person tätigen Verfahrenspfleger werden nun als begünstigte, von der Umsatzsteuer befreite Einrichtungen anerkannt. Dazu zählen insbesondere die Verfahrenspflegerbestellungen im Vorfeld der Bestellung eines Betreuers. Diese Änderung gilt seit dem 01.04.2024.
- Verfahrensbeistände: Die Umsatzsteuerbefreiung wurde um die im Rahmen einer Unterbringung oder von freiheitsentziehenden Maßnahmen für Minderjährige tätigen Verfahrensbeistände ergänzt. Diese Änderung gilt gleichfalls seit dem 01.04.2024.
- Emissionszertifikate: In bestimmten Fällen gilt die umgekehrte Steuerschuldnerschaft auch dann, wenn sie angewendet wurde, obwohl die objektiven Kriterien nicht vorlagen. Seit dem 01.04.2024 greift diese Vereinfachungsregelung auch bei der Übertragung von Emissionszertifikaten.
- E-Rechnung: Alle Unternehmen werden in einem zeitlich gestuften Verfahren gesetzlich verpflichtet, im Geschäftsverkehr untereinander elektronische Rechnungen zu verwenden. Ab dem 01.01.2025 müssen alle Unternehmen elektronische Rechnungen empfangen und archivieren können.
- Ist-Besteuerung: Die Grenze für die Anwendung der Ist-Besteuerung wurde von 600.000 € auf 800.000 € angehoben.
- Umsatzsteuer-Voranmeldungen: Ab dem Besteuerungszeitraum 2025 wird der Schwellenwert zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 € auf 2.000 € (Steuer im Vorjahr) angehoben.
Vereinfachungsregelung: Wenn die Umsatzsteuer in Rechnungen falsch ausgewiesen ist
Das Bundesfinanzministerium hat zum falschen Ausweis der Umsatzsteuer in für Endverbraucher bestimmten Rechnungen eine Vereinfachungsregelung getroffen. Danach entsteht keine Steuerschuld, wenn der Unternehmer
- eine Leistung tatsächlich ausgeführt,
- die Leistung nachweislich an einen Endverbraucher (Nichtunternehmer bzw. Unternehmer, der die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich empfängt) erbracht und
- in einer Rechnung die Steuer überhöht ausgewiesen
hat. Diese Grundsätze gelten im Übrigen auch für einen unberechtigten Steuerausweis durch Kleinunternehmer.
Hinweis: Nutzen Sie in umsatzsteuerlichen Fragen im Vorfeld unser Beratungsangebot, um einen unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweis zu vermeiden!
Tipps und Hinweise für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Energiepreispauschale: Einmalzahlung kann nur gegenüber dem Finanzamt eingeklagt werden
Als Kompensation für die hohen Energiekosten wurde ab September 2022 die Energiepreispauschale von 300 € an die Bürger ausgezahlt. Von der Einmalzahlung profitierten Arbeitnehmer, Selbständige, Pensionäre und Rentner.
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Arbeitnehmer die Pauschale nicht bei ihrem Arbeitgeber einklagen können, sofern dieser sie nicht ausgezahlt hat. Stattdessen muss die Pauschale im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2022 beim Finanzamt eingefordert werden. Weigert sich das Finanzamt, die Pauschale per Einkommensteuerbescheid festzusetzen und auszuzahlen, kann der Arbeitnehmer dagegen vor dem Finanzgericht klagen. Mit diesem Urteil scheiterte die Klage eines Arbeitnehmers, der die Energiepreispauschale direkt bei seinem Arbeitgeber einklagen wollte.
Hinweis: Nach derzeitigem Stand muss die Energiepreispauschale versteuert werden - von Arbeitnehmern und Pensionären als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von Selbständigen und Rentnern als sonstige Einkünfte. Da sich bereits erste Klagen vor den Finanzgerichten gegen diese - in der Fachwelt umstrittene - Besteuerung richten, setzen wir uns dafür ein, Ihre Steuerbescheide in diesem Punkt verfahrensrechtlich offenzuhalten.
Tipps und Hinweise für Hausbesitzer
Steuersparmodell: Die Vermietung an Angehörige lässt sich steuergünstig gestalten
Wer Wohnraum an nahe Angehörige vermietet, kann sich in den allermeisten Fällen sicher sein, dass sein Mietobjekt von der Mietpartei pfleglich behandelt wird. Sofern die Vermietung vom Finanzamt anerkannt wird, entpuppt sie sich zudem häufig als wahres Steuersparmodell. Die vereinnahmte Miete muss zwar bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung versteuert werden, die Kosten der Immobilie lassen sich aber als Werbungskosten absetzen.
Hinweis: Zu den Werbungskosten gehören die Abschreibung der Anschaffungs- und Kaufnebenkosten für die Immobilie, Kreditzinsen aus der Finanzierung, Hausverwaltungsgebühren sowie Ausstattungs- und Instandhaltungskosten. Auch eine eingebaute Küche kann abgeschrieben werden, sofern sie mitvermietet wird. Selbst Anschaffungen, wie ein Rasenmäher für den Mieter, sind absetzbar.
Damit das Finanzamt das Mietverhältnis anerkennt, muss es zuallererst einem Fremdvergleich standhalten, also fremdüblich sein. Da mit einem fremden Mieter ein schriftlicher Vertrag geschlossen wird, sollte mit der Verwandtschaft genauso verfahren werden. Zudem muss der Mietvertrag der Norm entsprechen. Dafür empfiehlt es sich, einen Mustermietvertrag zu verwenden.
Für den vollen Werbungskostenabzug muss der Mietvertrag unbefristet geschlossen sein, denn wird der Mietvertrag befristet, ist dem Finanzamt eine Totalüberschussprognose für die Mietdauer vorzulegen. Dann muss die Gewinnerzielungsabsicht nachgewiesen werden. Die Finanzverwaltung möchte zudem echtes Geld fließen sehen. Das heißt, dass der Vermieter die Monatsmiete und Betriebskostenabschläge auch tatsächlich an den Vermieter überweisen sollte. Die Kontoauszüge dienen hierfür als Nachweis. Barzahlungen akzeptieren die Finanzämter regelmäßig nicht. Des Weiteren wird vom Vermieter eine jährliche Betriebskostenabrechnung verlangt. Nebenkostennachzahlungen muss der Mieter begleichen.
Werden alle Formalitäten eingehalten, hängt die Höhe des Werbungskostenabzugs von der Höhe der Miete ab: Ab einer gesetzlich definierten Mindestmiete von 66 % der ortsüblichen Miete ist der volle Werbungskostenabzug garantiert. Entscheidend ist hierbei nicht die Kalt-, sondern die Warmmiete. Liegt die Miete zwischen 50 % und 66 % der Marktmiete, ist für das Finanzamt eine Totalüberschussprognose zu erstellen. Den vollen Werbungskostenabzug gibt es dann nur, wenn mit der Immobilie ein prognostizierter Gewinn nachgewiesen werden kann. Ist die Miete zu günstig, weil sie 50 % unter der ortsüblichen Miete liegt, werden die Werbungskosten nur noch im prozentualen Anteil der gezahlten Miete zur ortsüblichen Miete anerkannt.
Hinweis: Soll ein Steuervorteil aus der Vermietung an nahe Angehörige gezogen werden, müssen die Werbungskosten höher ausfallen als die Mieteinnahmen.
Entsteht durch die Vermietung zum Beispiel ein Verlust von 5.000 €, liegt der Steuervorteil bei einem individuellen Grenzsteuersatz von 37 % bei 1.850 €.
Wichtige Steuertermine Juni 2024
10.06.
- Umsatzsteuer
- Lohnsteuer
- Solidaritätszuschlag
- Kirchenlohnsteuer ev. und röm.-kath.
10.06.
- Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer
- Solidaritätszuschlag
- Kirchensteuer ev. und röm.-kath.
Erscheinungsdatum: